Das Geburtshaus des Ingenieurs und Ethnologen Hans Hinrich (Enrique) Brüning auf dem Brüninghof in Hoffeld war ein Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung.
Das Geburtshaus des Ethnologen Hans Hinrich (Enrique) Brüning hatte seinen Ursprung im 1737 neu entstandenen Erbpachtdistrikt Hoffeld. Es stand bis 2012 in der heutigen Gemeinde Hoffeld des Amtes Bordesholm in der Straße Brüninghof 3, bis es nach einer Zeit des Verfalls abgetragen und teilweise nach Langwedel transportiert wurde. Dort, so die gute Absicht, sollte es mit privaten Initiativen wiederaufgebaut werden.
Das Haus war Teil eines Bauernhofs, der später Brüninghof genannt wurde. Carsten Brüning hatte ihn als Erbpächter und Hausvater mit seiner ersten Frau Gretje Sinn im neuen Erbpachtdistrikt Hoffeld als Familienbetrieb gegründet. Der Entstehungszeitpunkt des Hofes markierte den fortschrittlichen Wendepunkt von untergehörigen Bauern der Festehufen auf den ehemaligen Ländereien des Klosters Bordesholm, hin zu bäuerlichen Erbpachtstellen, also selbstständigen Bauern mit eigenen Ländereien. Es war der erste Schritt Richtung moderner landwirtschaftlicher Familienbetriebe. Aus dieser Zeit stammen auch die Anfänge des Geburtshauses, das 1846, teils aus Gebäuderesten der Ursprungskate, als Altenteilhaus für die Großeltern Hans Brüning († 16. 11. 1857) und Cathrina Brüning, geb. Speck (* 19. 11. 1790; † 18. 11. 1869) neu errichtet wurde. Das Haus wurde mehrmals umgebaut und diente als Bauernhaus, Altenteilkate und zuletzt als Miethaus. Mit großer Wahrscheinlichkeit war es das Geburtshaus des Ethnologen Hans Hinrich Brüning.
Die Eltern Magdalena Brockstedt aus Langwedel (* 16. 9. 1825; † 11. 9. 1905) und Jochim Brüning (* 6. 11. 1810; † 29. 11. 1904) hatten sich nach ihrer Hochzeit im Jahr 1847 in einem größeren Gebäude aus dem Jahr 1829 eingerichtet. Gemäß einer Volkszählung lebten sie dort auch im Jahr 1860 mit fünf Kindern, darunter Hans Hinrich als ihr ältester Sohn, und vier Dienstboten. Außerdem gaben sie dem „armen“ Friedrich Hingst eine Unterkunft. Als am 20. August 1848 auf der damaligen Erbpachtstelle Hans Hinrich Brüning geboren wurde, kam er mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht im großen Bauernhaus, sondern in der neu errichteten Altenteilkate seiner Großeltern zur Welt. In der Kate gab es Platz für etwa 3 Kühe, eventuell gab es 2 Pferde. Im Elternhaus standen hingegen 13 Kühe und 6 Pferde. Einige gute Gründe, wie fehlende Hebammen, die Obhut der Mutter, die Ruhe vor der Arbeit in den Ställen und die neue und moderne Einrichtung sprachen also dafür, dass Magdalena Brüning für die Geburt ihres Kindes in die Kate zu ihren Eltern gezogen war und ihr Kindbett dort verbrachte. Im Jahr 1860, als Hans Hinrich Brüning 14 Jahre alt war, lebten dort noch seine damals schon verwitwete Großmutter Cathrina zusammen mit ihrer Tochter Dorothea und einer Angestellten.
① Im Jahr 1737 baute Carsten Brüning (1708 bis 1774) aus Restgebäuden eine kleine Bauernkate, die das erste Bauernhaus der Familie Brüning im Erbpachtdistrikt Hoffeld war. Einige Jahre später, im Jahr 1751, baute er an dieser Stelle eine größere Kate, die das zweite Bauernhaus der Familie Brüning wurde. 1846, also etwa 110 Jahre nach der Gründung des Hofes, bauten Hans und Cathrina Brüning, die Großeltern von Hans Hinrich Brüning, das Haus zu ihrer Altenteilkate mit Anbauten um. Daneben gab es eine Schweinekoppel, eine Kuhkoppel, einen Garten, einen Teich und einen Weg zum benachbarten Ziegelhof.
② Möglicher Standort des ersten großen Bauernhauses aus dem Jahr 1774, der der dritte Wohnsitz der Familie war, gebaut von Hinrich Brüning (1743 bis 1814).
③ Wahrscheinlicher Standort des zweiten großen Bauernhauses aus dem Jahr 1829 von Hans und Jochim, dem Großvater und Vater von Hans Hinrich Brüning.
④ Die Quelle des Waldbachs, ein Brunnen und ein alter Weg, der zum Kloster Bordesholm führte.
Das verschwundene reetgedeckte Fachwerkhaus war noch am 19. Februar 2013 als Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung im Denkmalbuch gelistet. Die Liste umfasst „Kulturdenkmale aus geschichtlicher Zeit, deren Erforschung und Erhaltung wegen ihres geschichtlichen, wissenschaftlichen, künstlerischen, städtebaulichen, technischen oder die Kulturlandschaft prägenden Wertes im öffentlichen Interesse liegt.“ Der angebaute Fachwerk-Schuppen (Stall) war als einfaches Kulturdenkmal gelistet.
Hans Hinrich Brüning lebte die ersten 17 Jahre seines Lebens bis zu seinem Studium durchgehend auf dem Brüninghof. Die Kate seiner Großeltern hatte ihn also seine ganze Kindheit und Jugend begleitet. Die nächsten 10 Jahre lang war er als Student, Soldat und Angestellter der HAPAG regelmäßig zu Besuch in Hoffeld. 1875 verabschiedete er sich und fuhr über Hamburg nach Peru in das nördliche Küstengebiet Perus, wo er nahezu 50 Jahre lang lebte, arbeitete und forschte. Nach über zwanzig Jahren Abwesenheit aus Hoffeld besuchte er im Jahr 1897/98 seine Eltern zu ihrer Goldenen Hochzeit. Die Kate war noch bewohnt. Es war das Haus, das ihn bei seiner Ankunft zuerst begrüßte, denn die Kate lag so am Weg, dass sie einem Besucher als erstes in den Blick fiel. Erst danach traf er auf ein neues, ihm unbekanntes Bauernhaus ohne Fachwerk, das sein Bruder Hinrich (*02.06 1852, †26.08.1928) im Jahr 1881 gebaut hatte. Das alte Bauernhaus seiner Eltern aus dem Jahr 1829 diente nur noch als Scheune und Stall. Wahrscheinlich half Hans Hinrich Brüning während seines Aufenthalts, die Kate als Altenteilhaus für seine Eltern Jochim und Magda herzurichten, einschließlich dem Einbau eines Schornsteins, eines Kachelofens und eines Holzherds zum Kochen.
Der Besitz des Brüninghofs ging im Jahr 1920 an Jochim Speck (*07.08.1869, †09.08.1936) vom anliegenden Ziegelhof und im Jahr 1935 an Ernst Steen (*24.07.1889, †16 10.1957). 1925, im Jahr der Rückkehr von Hans Hinrich Brüning, oder „Don Enrique“ wie er mittlerweile genannt wurde, wurde ein modernes Wohnhaus als Altenteilhaus gebaut. Die alte Kate wurde danach als Miethaus umgebaut und diente nicht mehr als Altenteil. Hans Hinrich ging nach einem Aufenthalt in Hamburg nicht zurück nach Hoffeld, sondern nach Bordesholm, wo er am 23. 6. 1926 in der Holstenstraße in ein modernes Familienhaus zog, nur wenige Kilometer vom ehemaligen Hof seiner Eltern und der Kate entfernt. Dort widmete er sich bis zu seinem Lebensende seinen Forschungen.
Kindheitserfahrungen in der Altenteilkate auf dem elterlichen Bauernhof könnten Hans Hinrich Brüning zu seinen Forschungen in Peru inspiriert haben. Er entdeckte, dass die kleinbäuerlichen Familien am Pazifik mit ähnlichen häuslichen Problemen umzugehen hatten, wie die alten Kätner und Hufner an der Ostsee. Vielleicht verglich er die Muchik-Sprache der Indianer mit seinem Plattdeutsch. Sein Interesse an ihrer volkstümlichen Musik entsprang womöglich seinem eigenen Musikinteresse und dem Geigenunterricht beim Bordesholmer Kantor. Die Aufbewahrung verderblicher Lebensmittel in einem Erdspeicher in der Kate sensibilisierte ihn womöglich für die Handhabung der vor Grabräubern geretteten Artefakte, die Ziegelherstellung auf dem Nachbarhof schulte wahrscheinlich seinen Blick, der ihn erkennen ließ, dass die Berge in Túcume in Wirklichkeit Pyramiden aus Ziegeln waren. Auch das Reet als typisches Dachdeckungsmaterial Bordesholmer Häuser könnte ihn für die vielseitige Verwendung von Totora-Schilf zur Herstellung von Hüten, Matten, Booten und Dächern sensibilisiert haben.
Hans Hinrich Brüning lebte über fünfzig Jahre als Ingenieur und Gutsverwalter in Peru und betätigte sich sehr erfolgreich als Ethnologe. Er machte bedeutende wissenschaftliche Forschungen und Entdeckungen in der Region Lambayeque. Aus seinen Sammlungen von mehr als 6000 Artefakten ging das peruanische Nationalmuseum Museo Arqueológico Nacional Brüning hervor. Das Museum am Rothenbaum – Kulturen und Künste der Welt (MARKK) beherbergt viele Sammlungsstücke und über 2000 seiner Fotografien. Noch erhaltene Tonaufnahmen von ihm befinden sich im Phonogramm-Archiv des Ethnologischen Museums in Berlin. Außerdem hinterließ er Wörterlisten von bedrohten oder ausgestorbenen Sprachen, Wetteraufzeichnungen, Tagebuchnotizen, Korrespondenz mit anderen Wissenschaftlern und Aufsätze in Fachzeitschriften.